Flammende Schwerter kreuzen sich…

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Alle fünf Jahre dreht die Sonnenuhrengemeinde am Rad der Zeit. Auch die vierte Auflage des „Historischen Marktes“ der Gemeinde Birkenau brachte einmal mehr das Mittelalter zum Anschauen und Anfassen eindrucksvoll zurück in den Schlosspark. Viele der Bräuche und Professionen, viele der Klänge, der Geschmäcker und der Farben lebten bei einem ausgelassenen, fantasievollen und lehrreichen Fest für zwei ganz besondere Tage wieder auf und verzauberten tausende Besucher aus der Region.

Dafür sorgten professionelle Veranstalter, örtliche Gewerbetreibende sowie ortsansässige Vereine und Institutionen, deren Mitglieder – aber auch viele der Besucher – sich mit zeitgemäßen Gewänder mit Tuniken, mit Lederwams oder gar mit Kettenhemd für dieses ganz besondere Fest in Schale geworfen hatten, und den Zauber des bunten Markttreibens abrundeten. Abrundeten, weil schon der Markt an sich mit einem wundervollen Flair für Begeisterung sorgte.

Bei einem Bummel vorbei an den schmucken Zeltbuden, den liebevoll gestalteten Tavernen-Hütten und den gezimmerten Handwerksständen ließen sich all die Seifensieder, die Zinngießer, die Buchdrucker, die Bleiverglaser und die Korbmacher beim Werken über die Schulter schauen. Da drehten sich die Spinnräder unter dem Zeltdach und das Spanferkel über den Flammen. Da duftete das orientalische Gewürz und das brennende Holz aus vielen Feuerstellen.

Der Neugierige lernte durch Ausprobieren unter fachkundiger Anleitung, wie die Zimmersleute damals das Holz bearbeiteten oder wie durch das Setzen bleierner Lettern von Hand schließlich ganze Bücher gedruckt werden – so, wie schon zu Meister Gutenbergs Zeit. Da boten die Handleser und Wahrsager ihre Dienste an, die Gaukler, die Zauberer, die Fingerspieler sorgten für kurzweilige Unterhaltung, Schlangenbeschwörer, Seiltänzer und Stelzenläufer für atemberaubende Kuriositäten.

In allen Ecken und Winkeln des Marktes boten Händler herrliche Kleinodien aus Kupfer, Messing, Eisen, Silber, Holz und aus edlem Stein feil. Mittelalterliches Gewand, Lederschurz und Schuhwerk in Handarbeit erstellt, wartete auf Käufer. Töpfereien, Holzschnitzkunst, Tränke, Trunke und Tinkturen zogen die Blicke vieler Augen an.

Es war ein buntes Treiben, bei dem auch die Jüngsten nicht zu kurz kamen. Viele Spiele und Attraktionen zeigten, dass es auch ganz ohne elektrischen Strom tolle Spiel-Ideen gobt: Ein großes Holzkarusell, nur mit Muskelkraft betrieben, lud zu einer Fahrt ein, an anderer Stelle konnte Junior sich sich im Laufen auf einem Seil probieren oder mal mit Holzarmbrust und Pfeil sein Glück und Geschick an einer Zielscheibe probieren, und, und, und.

Ganz großgeschrieben wurde auch die Geselligkeit. Zeitgerecht luden Heuballen zum Verweilen an den Mocca-Buden, den Met-Schenken und Malz-Trunk-Tarvernen ein, statt Gläser griff der Durstige zum zünftigen Trinkhorn oder zum rustikalen Tonkrug und lauschte den Klängen der Lauten- und Flötenspieler.

Verweilen sollte sich lohnen, vor allem vor der großen Bühne in der Mitte dieses pittoreskem Ensembles. Hier umrandeten die Klänge der Barden-Band „Triskilian“ ein buntes Programm, das Illusionisten, Narren, Tänzer und Musikanten darboten. Zaubereien und Jonglagen hatten „Alexander von der Galgeneiche“ und das „Duo Lautenlümmel“ mitgebracht. Sie gaben sich bei ihren Vorführungen unter freiem Himmel ein Stelldichein mit den Aufführungen, die die Birkenauer Vereine vorbereitet hatten. So wurde beispielsweise der MGV Eintracht durch die „Bänkelsänger“ vertreten, die SVG Nieder-Liebersbach schickte ihre „historischen Sportakkrobaten“ ins Rennen. Musik aus dem Mittelalter hatten die „Regenbogentrommler“ und der Konzertchor „acapella Odenwald“ mitgebracht, der TSV Birkenau und die Trachtengruppe „Liewersbescher Kerwe“ setzten mit ihren Tänzen optische Schlaglichter.

Fürs Auge hatte der Markt aber vor allem nach der Dämmerung zu bieten. Nur im Fackel- und Feuerschein sorgte die Fakir-Show von „Sarcana“ für mystischen Zauber, wirkten die schauspielerischen Auseinadersetzungen der Schwertkämpfer besonders eindrucksvoll. Zwei Schaukampfformationen, die Gruppen „Herold“ und „Equites Dragonis“, die ihr „Ritterslager“ am Ufer des Teichs am Schlossparks aufgebaut hatten, kämpften mit brennenden Schwertern, flammenden Morgensternen und feuerzüngelnden Fackeln um die Gunst einer holden Maid.

Das alles zusammen bescherte den vielen Besuchern die am Freitag, am Samstag und am Sonntag über den historischen Markt bummeln, eine Vielzahl unvergesslicher Eindrücke, und wahrscheinlich dem Großteil der „ungewandet“ Gekleideten die Gewissheit, dass beim nächsten Besuch im Mittelalter in Birkenau, das alltägliche Outfit, einem geschnürten Leinenhemd, einer Tunika oder einem Lederwams weichen wird.

Bilder vom Historischen Markt gibt es hier.

(Quelle: Artikel der Weinheimer Nachrichten vom 31.05.2010)

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